Nikolai Vogel / nachwort.de

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Mai 2006


Mittwoch, 31. Mai 2006

So tanzt alles durcheinander

Dann noch in die Stadt geradelt. Die Wolken wieder lichtdurchlässiger. Regen pausiert. Leichter Wind, aber keiner, der seine Fracht in die Ebene von Salisbury trägt. Der Fluss matt und allein.

Am Wochenende zum letzten Abend der Praxis Fassbinder aufgelegt. Durch das Glas aus dem Studioraum auf die Tanzenden geschaut, die es immer noch lauter wollten. Dabei selbst nur aus dem Kopfhörer vorgehört, kein Monitor, verwirrend stiller Raum.

Gegenstände, die sich durch die Zimmer bewegen. Aufgenommen und wieder aufgegeben werden.

Gestern und heute Graupel.

NV am 31.05.2006 um 13:19 »


Freitag, 26. Mai 2006

... nun geht es an den Po und an die Oberschenkel

Der vorige Eintrag ist Stückwerk. Ihn jetzt nach einiger Korrektur endlich stehen lassen. Ich sitze, schaue durchs Fenster auf hängende Wolken. Regnen ab auf die Einfälle von letzter Nacht (Löwen schütteln die Köpfe). Mails lesen. Platten suchen. In den Nachmittag. ... und entspannen! Ihr wart guuuut. Ihr habt es geschafft.

NV am 26.05.2006 um 14:31 »


Könige, kopflos

Karius und Baktus. Die neue deutsche Rechtschreibung. Gedanken, Tischlandschaften, Erinnerungen. Platten im falschen Tempo abgespielt. Die Brille suchen, die man auf hat. Gekipptes Fenster und von Draußen nur die Nacht. Geräusche wie Sendeschluss. In den Straßen stehen die Löwen und glotzen ihren stumpfen Blick. Am nächsten Tag fehlen die Köpfe. Alle fein säuberlich abgetrennt. Säge oder Laser? Plötzlich ist Kunst aus Kitsch geworden. Alle wundern sich und viele Fragen entstehen. Wer hat es gemacht? Wie und wann und wie so schnell und unbemerkt? Und warum stehen da eigentlich überall Löwen? Das Feuilleton schreibt rauf und runter. Die Passanten schauen durch die Hälse in die hohlen Löwenkörper.

Nur Nachtblicke. Größere Neugierde. Suspense und Grusel. Bonaventura. Gäbe ganz schön Aufruhr. Weiter starre Mähnen wohin man schaut. Sind ja brav. Tut niemand was. Wie angerauscht aus den Achtzigern. Aerobic Fitness Dancing von Platte. Auch eine Mode. Denke ich mir die Köpfe also wieder hin, wo sie sind, und stelle mir vor es wären Tanzlöwen ... mit der linken händ den rechten knöchel fassen rechte händ zur decke und zum bein reinziehen zwei drei vier fünf sechs sieben acht wechseln rechte händs linken knöchel linke händs zur decke und reinziehen zwei drei vier fünf sechs sieben acht und im wechsel nach rechts zwei drei vier und nach links zwei drei vier im wechsel rechts links rechts links rechts links rechts und links und bleiben mit den händen nachbaumeln lassn und die ferse anheben und senken hoch ab hoch ab hoch ab hoch ab ... eye in the sky

Weiter in Glastonbury Romance, Kapitel "Verschwörung". Ein Buch mit viel Wind. Wind, der Gerüche trägt und Gerüchte. Vom Hörensagen. Gral.

NV am 26.05.2006 um 13:07 »


Donnerstag, 25. Mai 2006

Rückspiegel Donnerstag Mittag

Letztes Wochenende in der Praxis Fassbinder die Erstvorstellung des neuen Magazins Flur. Eine Lesung mit auf die Decke projiziertem Text, so dass ihn der liegende Sprecher vor sich hat. Und mit all seinen gefilmten Handbewegungen durch eine volle Tischlandschaft. Spannende Synchronisation. Nur dem Anspruch, dem Charme der Rückseiten nachzugehen, wird die Zeitschrift vielleicht noch nicht gerecht. Im Editorial heißt es: "Unsere Welt besteht nur aus Vorderseiten. Wohin wir schauen, umlagert uns eine Armada von Blickfängen ... Der Charme der Rückseiten ist ein ganz anderer, viel rätselhafter und abseitiger. Er widerspricht den Sehgewohnheiten. ... Auf das alles wollen wir dann eben einen langsamen Blick werfen." - Dafür aber ist mir die Text- und Bildlandschaft zu designt, zu schön, in einer Optik gehalten, die an Kunstkataloge erinnert. Als die Zeitschrift bei mir auf dem Tisch lag, passte sie sich gleichwohl schnell an ihr etwas modisches Thema Unorte an, da ich aus Versehen ein Glas Wasser darüber verschüttete. Die Flüssigkeit warf das Hochglanzpapier sofort in Wellen. Überschwemmung. Tischhochwasser. Vielleicht angezogen von den Bildern vom letzten Isarhochwasser im Heft. Oder herbeigelockt von den Bibern darin ...

Am Mittwoch wieder am Hafen. Season II Bunnyhill Spezial. Mit Doublevisions bespielten wir einen Container.

Goulds frühe Goldbergvariationen auf Schallplatte, mit den achtzehn Bildern von ihm auf dem Cover. Dreißig Variationen versus achtzehn. Aria, Aria da capo. Schmerzen im Arm vom Impfen. Feiertag. Langer Schlaf. Der Kaffee wird kalt.

NV am 25.05.2006 um 13:43 »


Freitag, 19. Mai 2006

Beinahe Seeluft

Hoher, offener, blauer Himmel, aber mit viel Wind heute. Das Wetter zur Zeit ohnehin unbeständig, wie in Wechseljahren oder Pubertät. Unbändig schlägt es Fenster und Türen. Später zum Hafen. Stachus / Münjing. Aussegeln in steifer Brise. Und Planungen für die Schweiz.

NV am 19.05.2006 um 13:14 »


Donnerstag, 18. Mai 2006

Spontane Rast mit Wasservariation

Auf dem Fahrrad im aufkommenden Wind schon einige Regentropfenbabys. Wartende in einem Bushäuschen schauen einer alten Frau auf dem Balkon gegenüber beim Abhängen der Wäsche zu. Die Tropfen wachsen schnell und werden mehr. Kastanien in voller Blüte. Gegenüber der Regierung von Oberbayern steige ich ab, ins Café des Völkerkundemuseums. Die Mülltüte für den trockenen Hintern vom Radsattel. "Die ersten Jahre der Professionalität" in der Galerie der Künstler. Diesmal nicht auf der Eröffnung, daher jetzt kurzentschlossen hinein. Die Dunkelheit der Fotos von Ursula Paletta. Vorbei am unauffälligen "Boden" von Vincent Mitzev, den ich erst gar nicht bemerke. Auf die "Brücke für Regenschirmverkäufer" von Oh-Seok Kwon nehme ich zum Glück wirklich einen der dort liegenden Schirme mit, denn mitten auf dem Weg machte plötzlich heftiger Schauer von oben dem Regen draußen große Konkurrenz. Die Tropfen im Freien jedoch sind von anderer Konsistenz, weiter gefallen, erfahrungsreicher. Im Raum dahinter wird mein Bild in den Waschgang gegeben: Eine Waschmaschine, aus der eine sich mitdrehende Kamera den Raum filmt, deren Bild live an die Wand dahinter projiziert wird, die "Revolution" Jakub Moraveks. Dann den Kaffee. Unter dem von Atlanten getragenen Säulengang gut geschützt im Freien, mit Blick auf die eingerüstete Regierung von Oberbayern. Als ich vor Jahren kurz dahinter wohnte, war die Fassade schon baufällig, konnten Steine herausbrechen und in die Tiefe stürzen, weshalb es einen fest montierten hohen Metallzaun gab, damit man nicht zu nah kommen konnte. Kaffee, Wasser und in der SZ die Entwürfe der slowenischen Euromünzen. Dichter statt Adler! Und der neugierig schauende Storch auf 1 Cent. Gegenüber am Gerüst hinter einer rot blühenden Kastanie ein Großplakat "image is everything". Gilt das für die Regierung? Im Bildschirm des dazu abgebildeten Monitors bunte Fische, die sich im Korallenriff tummeln. Das Glas Leitungswasser zum Kaffee ist hier angenehm groß, nicht der übliche Fingerhut. Nach der Zeitungslektüre, dem Wasser, dem Kaffee, nach dem Regen weiter, wohin ich eigentlich wollte.

NV am 18.05.2006 um 21:10 »


Erziehung im Kaufhaus

Im Karstadt sitzt eine Mutter neben ihrem schmollenden Kind auf einer Treppe und erklärt ihm, dass die Erwachsenen oft auch Wünsche hätten, die sie sich nicht gleich erfüllen könnten, dass sie auch gerne vieles hätten, was sie sich nicht kaufen können. Ob der Junge eine Antwort gibt, höre ich nicht mehr.

NV am 18.05.2006 um 20:53 »


Anklänge

Friederike Mayröcker lässt zwischen ihrer Gedichtlesung die Aria der Goldberg Variationen einspielen, nicht Gould, nicht Richter, András Schiff ist es diesmal. Im Lyrikkabinett noch gerade so einen Stehplatz bekommen. Ausverkauft, Andrang. Später kaum ins Restaurant gekommen. Die kilometerlange Blade Night rollte vorbei, mit ihren Ordnern wie ein Reißverschluss. Durchgefädelt und im Restaurant noch erzählt bekommen von Zufällen um ähnliche Namen.

NV am 18.05.2006 um 20:52 »


Sonntag, 14. Mai 2006

Eins aus dem Anderen

Ein Tag zum Daheimbleiben. Und die Goldberg Variationen in Karl Richters 1956 erschienener Aufnahme mit Cembalo. Auch da höre ich Glenn Gould aus seiner 1981er Aufnahme mitsummen. Lege sie gleich auf, von CD, und denke, dass ich sie gerne auf Vinyl hätte. Leichtes Knistern würde dazu passen. Dafür rauscht das Laptop leise mit und draußen der Regen - fällt auf ein rotes, glänzendes Dach. Efeu darauf, als sei es nur zum Trocknen hingebreitet. Hin und wieder ein Vogel, Flugstrich vor dem hellgraublauen Himmel. Schaue hinaus und arbeite weiter an der zweiten, dreier auseinander hervorgehender, längerer Erzählungen.

NV am 14.05.2006 um 14:33 »


Donnerstag, 11. Mai 2006

Die Wolken arbeiteten gestern nur halbtags

Nachmittags raus unter die Sonne, die den Himmel wieder für sich hat. Auf dem Rad durch die Stadt zum Stachus. Dort sind die Kulturmaßnahmen mit ihrem Münchner lassen melden-Stand schwer ausgelastet. Passanten erzählen Lebensgeschichten. Unter den Meldungen soviel gemoser, dass heute ein Thema angeschlagen ist: "Worauf freuen Sie sich? Was haben sie vor?" Um nicht dauernd erneut zu hören, die Stadt ersticke im Müll. Sebastian Orlac erzählte mir, sie hätten daraufhin sogar nachrecherchiert. In der Innenstadt hunderte Mülleimer, die dreimal am Tag geleert werden! (Wieviele waren es? Ich habe mir nicht gemerkt ob fünfhundert oder tausendfünfhundert.) Löwen gibt es bald mehr in der Stadt, mit ihrem feisten Grinsen. Schlagen ihre Pranken vor fast jedes Geschäft. Mich hinter der Zeitung versteckt, eine Schorle in der Hand und das Sinken der Sonne gespürt.

Abends ins Lyrik Kabinett zu Les Murray, Fredy Neptune unterm Arm und später aus dem Versmeer getaucht und unter der Nachtdecke heimgerollt, das gemächliche Rauschen des Flusses und der Bäume im Ohr.

NV am 11.05.2006 um 12:40 »


Mittwoch, 10. Mai 2006

Titel

Der Kulturminister der Schweiz las bei Osram Neues vom Nordpol. Die Autos und LKWs rasten direkt vor dem Glasfenster auf dem mittleren Ring vorbei - im Raum ein Geräusch wie Polarwind. Spitzbergen als lange Nacht hinter sich, Spitzbergen als langer Tag vor sich. Demnächst der eiskalte Himmel.

In den Mails eine regelrechte Qual mit den Dus und Dirs. Hatte mir endlich in vielen Trainingswochen die Kleinschreibung antrainiert - und jetzt wieder groß. Da kommt nun ziemliches Durcheinander raus, aber was ist egaler als das? Du Dir ich mir ... die Blumen kommen raus aus der Wiese und die Annas gehen spazieren. Kältere Luft trägt Wolken herbei und dann schaut wieder die Sonne durch und streicht alles farbiger.

Bach-Kantaten und Spielen mit Zahlen. Und jetzt brauche ich mal wieder einen Titel für diese Sätze, etwas, das passt - oder ganz was anderes. Das dauert, das braucht oft seine Weile. Der Titel. Wie vor dem Gesetz bei Derrida. Oder nur beiläufig einfach o. T. oder Xsadfkmslllasfsdf? Manche tragen ihn auch vor sich her, als Prof. oder Dr.

NV am 10.05.2006 um 12:31 »


Montag, 8. Mai 2006

Luftpost

Frisch Kaffee gekocht und einen Teller fürs zweite Frühstück auf den Küchentisch hinter der offenen Balkontüre. Draußen trainieren die Vögel ihre Sprünge. Ans Telefon gerufen. Und zurück finde ich feinen Blütenstaub auf Teller und Kaffeespiegel. Leuchtend gelb gepudert. In der Früh schon das bestrichene Rad mit einem Taschentuch freigewischt. Die Bäume strecken sich aus, erobern die Luft.

Letzte Woche noch der kalte Berliner Wind auf der Biennale. Die Auguststraße Ende April. Vorher die Aussicht aus einem dreißigsten Stock, nachher Flohmarkt. Viel Polizei in Erwartung des ersten Mais (Monat, nicht Pflanze).

Auf der Auer-Dult dafür fast schon Kurze-Hosen-Wetter. Klingende Bücher vor der Sonne gerettet. Der gestiefelte Kater. Innen ein Malbuch und außen auf beide Umschlagseiten eine Schallplatte geprägt.

Und bei Season II die Verteidigung der Himmelsburg, unterstützt von Ukulele und einer Galeria Kaufhof Tüte, die das mit dem Besen gestrichene Schlagzeug gab. [weiter]

NV am 08.05.2006 um 20:15 »


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