Plumpsday - reingefallen in München
Karte habe ich noch bekommen (vgl. den vorigen Eintrag). Hätte ich den Ulysses noch nie gelesen, nach diesem Abend hätte ich schwerlich noch Lust dazu. Frank T. Zumbach erklärte dem Publikum am Anfang, würde er gebeten, das Buch in einem Satz zusammenzufassen, sage er, Leopold Bloom (Alter, Größe), treibe sich einen ganzen Tag in Dublin herum, weil seine Frau ein Stelldichein mit ihrem Liebhaber hat, den sie um vier zur Gesangsprobe trifft, wobei er aber wisse, was sie dabei macht. (Freilich schob Zumbach noch einige Nebensätze ein, darauf aber blieb seine Betonung den ganzen Abend.) Der Rest der Veranstaltung - und das lag nicht an den Musikern, sondern an der Vortragsweise und Darstellung von Zumbach - erweckte dann den Eindruck, als sei Ulysses vorwiegend ein klamaukiges Stück, das Publikum lachte auch jedes Mal brav, betont wissend, wenn er sagte, ob es gerade vor oder nach vier Uhr sei, etc. etc.
Die Premiere der Arte Dokumentation "Ulysses in Dublin", die vorher lief, fand ich ähnlich abschreckend. Albern nachgespielte Szenen plus schön betuliche Bebilderung zu den Zitaten, freilich, es soll ja die Angst vor dem Ulysses genommen werden, und so scheint er allmählich wunderbar konsumtauglich zu werden. Beifall gab es viel, aber auch einige betretene Gesichter.
NV am 16.06.2004 um 23:50 »
Bloomsday mit Kommentarrand
Nebenan die neue kommentierte Suhrkamp Ausgabe des Ulysses erstanden. Gemischten Gefühls, ein Buch wie vorseziert, aber doch eben interessant und oft hilfreich (etwa um das Bibliotheks-Kapitel darin mal wieder zu lesen). Als Buch wirkt diese Ulysses-Ausgabe fast wie eine Kreuzung aus diesen Sprachlerntexten in denen die schwersten Wörter erklärt werden und aus Zettels Traum mit seiner Zitatspalte. Schöner wäre es freilich noch, wenn jeweils auch die englische Originalfassung mitgeführt wäre. Am Abend Bloomsday Musikabend zum Ulysses im Literaturhaus. Per Telefon keine Karte mehr bekommen, mal sehen ob es an der Abendkasse noch was wird.
Bloomsday und vorgestern Blumen ins Grab von Séan Fitzpatrick, Kilians Vater, einem der gastfreundlichsten Menschen, die ich kennen gelernt habe, an seinem letzten Geburtstag wurden für ihn viele alte irische Schlager aus seiner Jugend vorgetragen, etliche davon dürfte auch Joyce schon gekannt haben.
NV am 16.06.2004 um 16:08 »