Nikolai Vogel / nachwort.de

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Dienstag, 28. Juni 2005

Klagenfurt Plug In

Zurück in München. In der Stadt ist eine Löwenmanie ausgebrochen. Überall stehen sie. Kitschkönige.

Die Zugfahrt von Klagenfurt zurück nach München flog unter den Gesprächen vorbei. Erst mit Robert Renk, der das Sprachsalz-Festival in Hall bei Innsbruck veranstaltet, dieses Jahr vom 16.-18. September, ich habe gestern gleich ein Zimmer dort gebucht. Anschließend, als Robert umsteigen muss, lerne ich einen Wildbiologen kennen, der im Speisewagen am Nebentisch sitzt, tiefkonzentriert wie gefesselt in einer Zeitschrift über Raum- und Landschaftsplanung liest, und unterhalte mich über John Berger, Wildrezepte, besseres Leben.

Vor der Preisverleihung fast überall als einer der vier Favoriten besprochen und danach der einzige von ihnen, der unter dem Podest durchtauchte. Traurig, ein bisschen, aber nicht unglücklich. Das waren gute Tage im ORF-Studio und um das ORF-Studio herum und eben kein Hauen und Stechen, nicht so, wie man es von Miss-Wahlen hört, keine ausgeklappten Ellenbogen, sondern Gespräche und Gelassenheit zwischen den Autoren.

Die Texte findet man auf der Seite zum Bachmannpreis. Die Diskussion über "Plug In" und meine Lesung sind dort auch nachholbar, wenn man sie live verpasst hat. (Die Seite wird irgendwann ins Archiv ziehen, dann suche man sie dort.) Als Ergänzung kann man die Beiträge in der Zeitschrift Volltext lesen, in der alle Autoren vorher einen kürzeren Text veröffentlichten. (Neben der gedruckten Ausgabe wurden sie auch im Internet verfügbar gemacht, hier geht es zur Übersicht und zu meinem Beitrag "Textalltag. Vom Fortschreiben." Ich weiß nicht, wie lange diese Links Bestand haben.)

Zuschauer des Wettbewerbs diskutieren mit, live auf ihren Websiten. Dieser direkte Rückkommentar, diese Jury der Jury ist spannend und bringt Neubewegung in das Ritual. Sehr ausgiebig und durchaus kompetent zum Beispiel Hella Streicher in HWeblog, nur wiederholt sie etwas penetrant, sie selbst könne das ja alles besser, man möge nur ihr Buch lesen. Der Kommentar gerät dadurch in Schieflage, wie eine Werbeschrift. Weitere Beispiele: Andreas' Journal, Dagbok, Femis & Mikels Lockbuch, Poetisches Forum, Liisas Litblog. Beachten muss man hier auch, dass diese Kommentare ebenfalls fast live geschrieben wurden und ihre Verfasser die Texte vorher im Gegensatz zur Jury wirklich nicht kannten.

Lektüre! Gestern aus der Buchhandlung: Terézia Mora "Alle Tage", schon die vierte Auflage, und Andreas Maier "Kirillow".

Die Bücher, die Platten der letzten Wochen. Brinkmanns "Westwärts" und die Schnitte-CDs. Fredy Neptune. Kraftwerk Live. Radioaktivität. Strahlentod und Mutation. All die Endlager. Analord 1-11. Venetian Snares. Klassiker.

Uwe Tellkamps "Der Nautilus", aus dem er lange bei Season II las. Danach unterhielten wir uns, nicht in allen Punkten übereinstimmend, über die Differenzen von Prosa und Lyrik.
Die neuen Zwickel. Zwei Euro Münzen. Staatsvertrag, Don Quichotte.

Weiter Venus No. 17, Tundra 4. Wie Serien. "Wieso Wassertürme?" könnte jemand fragen und Bahnhof verstehen. Auch Zug der Wolken.

Riesenhafte Windows-Werbung an der Staatsbibliothek-Fassade. Am Wissen der Schönheit fensterln?

Google-Sucht. Graben nach neuen Fundstellen, ständig. Manie.

Jungs, die stundenlang kickern und sich nicht ein Mal in die Augen schauen.
Wie öffentlich soll man ein Notizbuch machen?
Notizen ins Netz heben, damit sie keine mehr sind?
All die Tatsachen, all die Berichte, all die Geschichten.
Wofür haben wir Zeit? Wie weit soll man gehen?
So privat - denkste!

NV am 28.06.2005 um 13:17


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