Nikolai Vogel / nachwort.de

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Dienstag, 11. Oktober 2005

Oktoberumgebung

Dreiviertelnebel. Morgens vor acht. Leichte Verspätung wegen einer Türstörung. Volle Züge. Viele letzte Lidl-Tickets werden verfahren. Letzter Wiesn-Tag. Koffer und Menschen. Noch kaum Fahnen. Bissgurken und Mobilemanische. Später niedrig über den Bäumen dahinrollende Wolken, ein Schaumbad auf dem Wald. In Hamburg gehe ich an die Außenalster, später mache ich mich auf den Weg zu Seitensturm, einer Lesereihe im Ernst-Deutsch-Theater, zu der mich Jochen Brachmann einlud, er hörte mich in Klagenfurt. - "Haben Sie Lust mit mir auf einen Schnaps zu gehen?" Die alte Dame, gepflegt, hanseatisch, war schon vorher wie sinnend stehen geblieben. Ich sage ihr, dass ich gleich eine Lesung habe, auf dem Weg ins Theater bin, es tut mir leid, sage ich und sie trippelt mit kleinen Schritten weiter, ein wenig enttäuscht. Ich wüsste gerne, was sie mir erzählt hätte.

"Die Weiterfahrt wird in Kürze fortgesetzt", sagt der Zugchef am nächsten Tag, nach einem Halt auf freier Strecke, nicht die Türe, sondern ein Signal stört jetzt, lange Pausen zwischen den Wörtern.

Zu Season II Farben und Tone Avenstroup auf norwegisch und auf deutsch.
Selbe Woche, Oktoberumgebung, Ortfindung, übers Wochenende wieder in Zügen, weiter nach Berlin. Ein ICE, der ab und zu etwas abrupt bremst. Gestrecktes, schmerzendes Knie. Schwerer Rucksack. Die Reihen voller Harry Potter, aber jemand trägt auch Hildesheimers "Mozart" vorbei. Immer weniger Platz in den Zügen und ab Jena schaltet die Klimaanlage auf kalt. Lesen in losen Blättern. Neben mir rechnet ein Mathematiker. In der Zeitung Schaubilder zur Metathese, Nobelpreis Physik, wer bekommt die Literatur? Geteilt wird er da nicht, wie oft in Physik, Chemie und Medizin. Einzige Ausnahme ist bislang 1904, schlage ich in der Lesbarkeit der Weltliteratur nach, da ich ihre Listen nicht auswendig weiß.

Berlin, LCB. Martin Becker fragt mich, ob die Geschichte mit dem Croissant wirklich passiert ist. Ich überlege kurz und sage ja. Simple Storys, neue Leben.

Der Herbst will den Sommer vorführen. Im Hof liegt rosenrot eingefärbtes Laub. Begegnungen auf der Straße. In einer Sprache, die ich nicht verstehe, redet ein Mann mit einer Baustelle.

NV am 11.10.2005 um 16:58


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