Das Jahr aufnehmen

Im neuen Jahr erst mal die Türe öffnen lassen, weil innen der Schlüssel steckt. Nein, Kreditkarten helfen da nicht unbedingt. 254 Euro Schlüsseldienst. Man soll halt keine Geschäfte machen, an der Türe, aber was tun, wenn man davor steht?

Im alten Jahr Arbeit in den Regalen. Den Staub abtragen. Die Bücher neu sortiert. Entdeckungen aus zweiter Reihe.

Sylvester an der Isar, die unbetretbare Wohnung hinter und vor uns. Stehen auf der Wiese, in den dunklen Himmel blicken, die knospenden Farbfunken, die hinauflangen, wie ein Ertasten der Zeit.

Gestern Abend, der erste Mittwoch im Jahr, Season II mit Andreas Neuenkirchen. Im Vorprogramm lesen und demonstrieren Kilian und ich allerlei zum Thema Rennen - nachts, als ich heimkomme dann folgende Spam-Mail zwischen vorgeschlagenen Pillen und Vergrößerungen:
"Einige Runden auf dem Beifahrersitz in einem Tourenrennwagen drehen? Wollen sie einmal richtiges Rennfeeling erleben? Werden sie Beifahrer in einem Tourenrennwagen auf der Nürburgring-Nordschleife! Mitten drin statt nur dabei!"

Heute Mittag beim Frühstück trieft nahezu wieder nur Schleimschlonzpopmusik aus dem begleitenden Radio, ein anderer Sender geht nicht rein, zarte Pflanze, zumindest den dauergesendeten Song "Perfekte Welle" spielt seit dem Beben niemand mehr, klänge, obwohl er nichts damit zu tun hat, ungeheuerlich. Und wieso brauchen die Menschen hier Benefizgalas im Fernsehen um zu spenden, wieso muss mit allem geprotzt werden, sogar mit Mitleid und Hilfsbereitschaft? All unsere sympathischen Stars und Fernsehgesichter.

Gestern nach der Lesung fragt mich Thomas Glatz in der Kneipe, warum ich nicht mehr auf Nachwort schreibe, ich sage, längere Pause, sage, dass es ja kein Tagebuch ist, auch für diese Texte brauche ich Konzentration, aber es soll nicht zu viel abziehen von anderem.

Arbeit am neuen Roman. Die Sätze fließen langsam in den Computer.
Liest Thomas, liest du.

NV am 06.01.2005 um 19:41