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Sonntag, 18. Juli 2004

Lyrik noch im Keller

Anfang der Woche im Lyrik-Kabinett. Noch mal in den Keller, bevor die Bibliothek umzieht. John F. Deane und Michael Hofmann lasen. Assistiert und eingeführt von Frieder von Ammon und Michael Basse.

Die Veranstaltung blieb irgendwie unverbindlich. Hofmann, vorgestellt von Ammon, las abwechselnd englisch und deutsch, gab zusätzlich Übersetzungshilfen und -hinweise, etwas unsicher, vernuschelte viel. Basse sprach in seiner Einführung zunächst mehr von sich als von Deane, von der Entwicklung seiner Deane-Lektüren, und las die eigene Übersetzung ein wenig lieblos dünn, als bereiteten ihm dessen Texte ob ihrer Religiosität leichtes Unbehagen. Er kann aber vortragen, ich hörte ihn vor einigen Jahren aus "Die Landnahme findet nicht statt", wo seine Stimme gut trug. Hier nun wirkte er mir zu nüchtern, was allerdings einen interessanten Kontrast gab, den er auch mit Witz ansprach. Erst Deane machte die sprachvollen Verse in "Manhandling the Deity" zur Klangbewegung, weckte die Veranstaltung aus ihrer leichten Lethargie. Später erzählte ich ihm, dass er mich an den vor kurzem gestorbenen irischen Vater eines guten Freundes erinnere. Ich glaube nicht, dass er dies gerne hörte, warum sagte ich ihm das, was hat er mit dieser Erinnerung, dem von mir hergestellten Zusammenhang zu tun? Immer erinnern die Jüngeren an die nicht mehr so Jungen, die Älteren an die Alten, die noch Lebenden an die Toten - umgekehrt ist es selten. Als trügen wir die Bilder der vor uns Geborenen, als seien sie uns von ihnen mitgegeben. Wir aber malen sie erst aus, erinnern sie an das Gegenwärtige, vor dem sie entfaltet werden, ergänzt um Lesarten, die mit dem zu tun haben, was beschäftigt.

NV am 18.07.2004 um 18:41


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