Nikolai Vogel / nachwort.de

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Dienstag, 28. August 2007

Zurück aus der Burg - Nachrichten aus der Offline-Welt

Ein Monat auf einer Burg über dem Meer mitten im Urwald - in einer Mail von gestern verschreibe ich "mitten im Urlaub". Stimmt, mit den Bäumen.

Offline / 26.7. bis 26.08.

27/7/7
auf einer Burg, Castiglioncello, zwölfhundertfünfzig Jahre alt, hoch über dem Meer, der weite Blick ins Land und hinaus, zu den Dampfern, zu den Furchen zwischen den Kontinenten, im Sommerlicht, im Mittagslicht, im Sonnenauf- und Untergang, den weiten Weg hinauf, durch den Wald, Urwald, mit jungen Wildschwein-Ferkeln.

29/7/7
Das Licht unentschlossen, der Blick zum Meer unsicher, mehr ahnend als wissend. Der leichte Wind schlägt Türen, Insekten verzweifeln an Fensterscheiben, versuchen tausendfach denselben jäh endenden Weg, begreifen nicht, weshalb sie der freien Sicht nicht mehr vertrauen können. Sand in den Schuhen, mit hochgefahren, den holprigen Weg vom Strand herauf. Abgestellte halbvolle Plastikwasserflaschen, der Mozzarella im alten Kühlschrank beinahe gefroren, eisig kalte Tomaten. Das gute Olivenöl bereits über dem Zenit, vorletzte Ernte, nichts mehr, was nach Gras schmeckt. Der Wald enthält von oben wattige Stellen, die Mücken, die hier sind, haben sich aus der Ebene her verirrt. Finger über die Landkarte, Ortssuchen, hier die Burg, der Berg und dort das Meer, all die Anwesen, die schönen Stellen. Wie haben die Etrusker sich die Zukunft vorgestellt?

3/8/7
Weinhänge über dem Meer, Blicke auf Inseln. Ein fast ganz klarer Tag, Korsika hinter Capraia, Hundertkilometersicht. Blick auf Guido al Tasso, Blick auf Ornelleia, Blick auf Grattamacco. Weiterverbundene Telefonate mit Weingütern. Die Baustelle der neuen Barricaia von San Guido; innen ist es schön kühl, obwohl noch alle Pforten offen sind. Früher wurden hier Tulpen gezüchtet, jetzt gewinnen die Reben immer mehr Land. Die Sonnenuntergänge und die Gischt, sieben Kilometer vor und vierhundert Meter unter uns. Schiffe wie Kulissen. Auf dem weiten Meere, auf welches wir uns hinauswagen, sind der möglichen Wege und Richtungen viele.

4/8/7
Auf der Burg bleiben. Auf der Brücke. Innenhof. Kein Blick, aber der Himmel. Blau, variantenreich tags, nachts immer mehr Sterne. Wandernde Schatten. Die Flugzeuge machen den Zikaden mal wieder Konkurrenz. Wenn es still ist, hört man von unten die Brandung, das ans Land schlagende Meer. Fenster öffnen und schließen, bevor es der Wind macht. Der spielt ohnehin mit den Türen, als komme abends jeden Moment noch jemand an. Das neue Handy ständig am Strom, wie an der Flasche. Keine zwei Tage selbständig. Akkuinkontinenz.

5/8/7
Das Meer.

6/8/7
Blick aus dem Fenster. Die Inseln. Auch Korsika ist wieder da, schemenhaft nur, aber mehr als eine Ahnung. Auf den Weinhängen unter der Burg Bewegung. Nicht mehr lange zur Ernte. Alles bereit machen. Die Keller in Erwartung. Noch gibt die Sonne den Trauben Licht. Ein Bilderkauf verwandelt sich. Die Touristen hängen in der Luft. Silke malt die Solaris-Serie. Der Rittersaal ist nebenan. Ich schreibe. Drei Texte über das Bolgheri-Gefühl. Bolgheris Weine. Bolgheris Wege. Bolgheris Wildschweine.

27/8/7
Die Ausstellung abbauen. Das Leihfahrzeug abgeben. Sassicaia unterwegs.

Solaris 1 bis 7. Die Bilder wieder hier. Nur das erste, von der Burg, bleibt in Bolgheri.

Zurück zu den Mails.

NV am 28.08.2007 um 12:30


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